Helene Hegemann liest

WAZ | Foto: Alexandra Kinga Fekete

WAZ | Foto: Alexan­dra Kinga Fekete

urban urtyp Vor­spiel mit Ü‑Gast bei freiem Ein­tritt: Helene Hege­mann liest aus “Jage zwei Tiger”, ihrem zweit­en Roman, soeben erschienen. Sprache wird uu-Konz­ert, diese hier: “Und dann gab es orig­i­nal eine einzige Park­lücke. Und die war klein. Ich so: Julia, du kannst ein­parken, jet­zt park ein­fach ein. Und dann so eingeparkt. Und dann so Stille im Auto und ich so ‘yes’. Und alle so: ‘Ja, nicht schlecht.’ Wir stiegen aus, gin­gen in dieses Ding rein …” Der Hege­mann-Sound.

Vor 3 Jahren, als AXOLOTL ROADKILL erschien, über­schlu­gen sich die Kri­tiken: Eine 17jährige! Ein Fräulein-Wun­der! Dann kam das mit dem Pla­giat, 2 von 200 Seit­en hat­te Hege­mann einem Blog ent­nom­men, und schon wurde sie —  “Fräulein Wun­der hat abgeschrieben”, höh­nte die SZ —  durch eben die Feuil­letons gehet­zt, die sie gejaz­zt hat­ten. Das Geron­tokrat schlug zurück. Heftige Debat­te, schw­er ver­logen, schön­er Kom­men­tar von Durs Grün­bein: Es gehe gar nicht um die Gren­ze zwis­chen Gemeingut und Pla­giat, son­dern um die zwis­chen Jung und Alt, das Ganze sei ein “hässlich­er Biodiskurs”.

Und Hege­mann? Schreibt. Das Schreiben, sagt sie, inzwis­chen 21 und Ex-Bochumerin, ist etwas, “mit dem man sich vom Skript des eige­nen Lebens befre­it”. Das tut sie, indem sie nicht aus ihrem Leben erzählt  —  auch wenn Bochum in “Jage zwei Tiger” auf­taucht, Bochum mit Bis­mar­ck­turm und Pfadfind­ervere­in  —  son­dern einem fik­tiv­en:

Es geht um drei Teenag­er, die sich in Extrem­si­t­u­a­tio­nen befind­en, denen was weg­bricht, was ihre Lebens­be­din­gun­gen aus­gemacht hat. Dazu müssen sie sich neu ver­hal­ten. Gute Grund­vo­raus­set­zung für eine Geschichte …”

Die davon han­delt, dass man sel­ber han­delt. Und sich dage­gen wehrt, am Ende eines Films zu denen zu gehören, “deren Tod nur zum Fort­lauf der Scheißhand­lung dienen”. Ob sie im wirk­lichen Leben “auch so viele kaputte Typen” kenne wie in Ihrem Buch?, fragte BILD, Hege­manns Antwort  —  ihre Inter­views sind min­destens so gut wie ihr Buch:

Was heißt kaputt? Ich finde, die dealen alle halb­wegs adäquat mit ihrer Kaput­theit … ”

Sie dealt mit ihrer eige­nen Geschichte, ihrem Start als Wun­derkind  —  erstes The­ater­stück mit 14, erster Film mit 15 usw., ihr Vater ist Dra­maturg an der Volks­bühne Berlin und war auch mal am Schaus­piel­haus  —  und mit der Erfahrung, erst in den Him­mel und dann in den Dreck geschrieben zu wer­den:

Das ist doch ein endgültiger Startschuss, wirk­lich das zu machen, was man will. Stilechter Befreiungss­chlag. Man hat wed­er einen Ruf zu vertei­di­gen noch einen aufzubauen …”

Schw­er­st­sou­verän  —  die Vok­a­bel ist von ihr  —  und eben nicht altk­lug, wie manche nörgeln, son­dern abgek­lärt, wie alte Kluge gerne wären. Beispiel:

Erst als sie im Fahrstuhl des Town­hous­es standen, auf dem sich ihr Pent­house befand, wandte Sil­vana sich Kai zu:

Siehst du das hier, Kai? Den Knopf, den ich ger­ade gedrückt habe?’

Sie sprach mit ihm wie mit einem Vier­jähri­gen, den Fin­ger auf das ‘DG’ der Fahrstuh­lanzeige gerichtet. Kai nick­te skep­tisch. ‘Und was glaub­st du, wo wir jet­zt hin­fahren?’, fragte sie. Ihre Stimme war irre rau, ihre Haut braun, ihr Style wohl als sportlich zu beze­ich­nen.

Ähm, ins Dachgeschoss?’, antwortete Kai.

Sil­vana seufzte und sagte: ‘Schade, mein Paten­sohn ist genau­so alt wie du und hätte jet­zt ‘Dolce und Gab­bana’ geant­wortet.’

Die Woh­nung war leer und …”

 

» Son­ntag, 22. Sep­tem­ber
» ab 19 Uhr Musik, Schlegel Urtyp und urban urtyp Palaver, ab vielle­icht 20:30 Uhr liest Helene Hege­mann aus “Jage zwei Tiger”
» Der Ein­tritt ist, völ­lig ver­rückt, völ­lig frei !

» urban urtyp wird unter­stützt von: Ede­nundteamSchlegel Urtyp | TRAILER Kultur.Kino.Ruhr | CT das radio | 21Hz Back­line
» urban urtyp wird gemacht von: Andie | Andreas | Ayla | Bine | Chris | Dirk | Katrin | Marc | Michael | Olaf | Oli | Sebas­t­ian | Thomas | Vio | Yan­nis