#53 Gregor Schwellenbach

Gregor-Schwellenbach by David Kilagoez

Gre­gor-Schwellen­bach by David Kila­goez

26. Feb­ru­ar 19 Uhr  // Kommt er? Spielt er? Gibt es ihn? Gre­gor Schwellen­bach, teilt KOMPAKT mit, sein Köl­ner Label, ein sehr gutes seit fast 20 Jahren, um das vor­weg zu sagen, KOMPAKT sagt, er lebe „im Vier­tel um die Ecke, aber man trifft ihn nicht oft“. Bei uns gibt es Leute im Team, die sagen, sie hät­ten ihn am INSTITUT FÜR POP in Bochum gese­hen, er doziere dort über Arrange­ment und übers Ensem­ble­spiel, vor ein paar Monat­en habe er hier um die Ecke im Blue Square einen Vor­trag gehal­ten. Möglich. Das Salve-Mag­a­zin behauptet jet­zt, erst kür­zlich habe er gesagt: „Bei Pop­musik geht es darum, Sound­track des Lebens zu sein. Pop liefert die Musik, die zum Moment passt.“ Den man leicht ver­passen kann: Gre­gor, sagt sein Label, reise auf 12 (zwölf) Instru­menten durch die Welt und ihre 12 x 12 Szenen und Gen­res und Metiers, mor­gens Pop, vor­mit­tags Stu­dio, mit­tags Film­musik, nach­mit­tags Tech­no, dann eine Ein­heit fürs Fernse­hen, abends The­ater, nachts Neue Musik, mor­gen ein neues Stu­dio, neuer Pop, neuer Tag. Studiert, sagt KOMPAKT, habe er Klas­sik. Klas­sis­ches Kom­po­si­tion­shandw­erk.

Und habe dann getan, was einem so ein­fällt zu tun: Elek­tron­ik pro­gram­mieren für Per­for­mance-Spek­takel, Werbe­musik dirigieren, Hör­spiele pro­duzieren, eine Oper über Zuck­er schreiben:

Seine Lust an sub­ver­siv­er Konzep­tion­al­ität, sein gnaden­los­er Spiel­trieb und sein Mut zur eingängi­gen Melodie verbinden ihn mit der Musik von Kom­pakt, deren vor­mals rein elek­tro­n­is­che Tanzflur-Kracher er nun mit Bleis­tift in Par­ti­turen fest­ge­hal­ten und zu herzzer­reißen­den, poly­pho­nen Stu­di­en umge­formt hat.“

Das mit dem Bleis­tift und dem Klavier­buch für Tech­no kam so, es ist ein schönes Beispiel dafür, wie der Mann arbeit­et, er über­set­zt. Schwellen­bach im Inter­view mit dem Köl­ner Stadt-Anzeiger:

Ich habe immer gerne Tech­no gehört, und speziell die Veröf­fentlichun­gen des Kom­pakt-Labels haben mich emo­tion­al sehr ange­sprochen. Da habe ich mich gefragt, warum das so ist. Warum ist diese schein­bar so ein­fache Musik so gut? Um das rauszufind­en, habe ich diese Tracks in Noten aufgeschrieben und auf dem Klavier gespielt. Das ist schon einige Zeit her, so Ende der Nuller Jahre. Am Anfang war das eher eine Art Übung für mich. Dann kam der Reiz des Unmöglichen dazu. Musik, die eigentlich nur aus Sound und maschineller Präzi­sion beste­ht, akustisch nachzus­pie­len und aufzuführen. Also ohne die Klänge, ohne die Maschi­nen-Präzi­sion. […] Wenn Sie 10 Tech­nos­tücke nehmen, ist es bei 5 unmöglich, eine Akustikver­sion herzustellen, bei 4 erweist sich das Ergeb­nis als stin­klang­weilig, 1 Track ist der Knaller.

Erst wollte ich aus meinen Tran­skrip­tio­nen eine Noten­heft für den Klavierun­ter­richt machen, manche davon sind nicht schw­er zu spie­len, die kann man auch als zehn­jähriger Klavier­schüler schon spie­len, ein wenig wie Carl Orffs Kom­po­si­tio­nen für Kinder […] Ich bin jeden­falls mit meinen Noten zu den Leuten von Kom­pakt gegan­gen. Die fan­den das ganz toll und haben mir vorgeschla­gen, ein Album aufzunehmen […]

Schwellen­bach im Inter­view mit der Köl­ner Phil­har­monie:

Dass der gemein­same Nen­ner der Stücke der 4/4‑Takt ist, kommt einem von der Klas­sik her wie eine Ein­schränkung vor. Die 4/4‑Bassdrum muss immer dabei sein, aber abge­se­hen davon geht alles. Aus der Beschränkung in dem einen Punkt entste­ht eine riesige Frei­heit. Man kann in einem Club alles Mögliche spie­len, was Leute ohne diese Bass­drum nie hören wür­den.”

Okay, das ist alles nur ein Beispiel und kein Grund zu denken, Schwellen­bach würde, wenn er in den uu-Kubus kommt, irgend­was im 4/4‑Takt spie­len oder es nicht im 4/4‑Takt spie­len. Wenn es ihn gibt, wenn er kommt, wenn er spielt  —  wir wis­sen nicht, was es wird, gnaden­los ver­spielt wird es sein und sub­ver­siv konzep­tionell. Vielle­icht doziert er über Zuck­er, vielle­icht wird der Abend so trance-gemäß wie ein Abend mit Steve Reich  —  in der über­vollen Köl­ner Phil­har­monie hat er neulich noch Reichs „Six Pianos“ gespielt zusam­men mit Hausch­ka, Ero­la Sarp, John Kameel Farah (die alle schon bei uns zu Gast gewe­sen sind), mit Paul Frick und Paul Brandt (kom­men auch noch eines Tages). Vielle­icht wird es aber auch

Walz­er, Taran­tel­la-Rhyth­men und über­haupt viel Polyrhyth­mik, unglaublich ver­schachteltes Zeug“,

das sich immer zeigt, nimmt man die Bass­drum weg. Tech­no eben. Gre­gor hat das Wort:

Ver­schiedene musikalis­che Wel­ten zu ken­nen und in andere Zusam­men­hänge zu über­tra­gen, ist mein großes The­ma. Das ist der rote Faden, seit ich Musik mache.”

Es wird urban.

 


urban urtyp #53 | GREGOR SCHWELLENBACH

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