samstag (!) 3.6. // Es gibt guten Pop und es gibt guten, es gibt Pop aus der Stadt und es gibt Pop aus der Provinz, es gibt Paula und es gibt Paula. Und es gibt Paula Paula, die keine Lust haben, zwischen Späti und Elternabend zu unterscheiden. Weil es dazwischen das eine gibt und das andere, „Planeten“ gibt es und „Kaputtes Gerät“ und „Digitale Augen“, das sind ein paar der Titel, die sie ihren Songs geben, sie sind: Marlène Colle, die alles spielt, Gitarre, Piano, Eiswaffel. Kristina Koropecki bespielt Dinge wie Cello, Mellotron und Produktion. Und dann haben sie sich dazu geholt, wer rumsteht an einer Trinkhalle, die auf sich hält: Gisbert zu Knyphausen steht am Bass, Joda Förster hinter den Drums, Daniel Freitag vor den Tasten.
Damit ist klar, es handelt sich um keinen Hipsterpop aus Kreuzkölln, keine Prenzlauer Pop Propaganda und auch nicht — Oli! — aus Potsdam, Paula Paula spannen zwischen Schade und Kaputt ein Panorama auf. Die 80er, die 90er, das ganze Danach sowieso, schade drum. Klingt toll.
Soll man hinschreiben: lebenserfahren? Unbedingt. Mal empört naiv, wie Janis es war, dann melancholisch, wie Folk es kaum noch kann, dann bricht ein Möchtegernpunk herein, der besser ist als je ein Punk gemöchtet hätte und dabei dennoch so barock wie die Figur des Cellos, das alle umschwirren. Und die Synthies sind da, sie stehen hinter dem wie eine Wand, der Sound einer Mauer, die es in Berlin einmal gab, aber wer weiß das schon noch im Späti.
Wo alles schon mal gesagt ist und gesungen, nur auf dem Elternabend noch nicht. Geht schon doch um Inhalte, um das, was einen umtreibt, die Umgangsformen und das Benimm, die Risse in der Betriebskantine, die Vergangenheit von diesem und Zukunft von jen- — auch schon kaputt?, geht um das Lächeln, das einen, verlegen und verwirrt, aus einem Reisebus anfliegt, der ins Debüt abreist. Man sieht den Wörtern bei ihrer Abreise zu und winkt ihnen hinterher wie guten Bekannten, dann schiebt sich die Musik davor, als ob der Vorhang fällt, Paula Paula sind ungemein erwachsen.
Popkulturell aufgeklärt. Im Grunde ist alles gesagt und gesungen, die Bekenntnisse und Binsen, die Lieben und Lügen, das peinlich Private und das politisch Peinliche, niemand ist mehr da, der wüsste, wo lang. Keine Paulakirchen-Reden. Alles kaputt, aber liebevoll gebaut, alles schade und so schön.
Muss man können, so etwas, 4 Jahrzehnte nach Ideal. Sie können. „Schade kaputt“ ist das, was einen gar nicht so doll kaputt gemacht hat, aber könnte noch immer kaputt machen sollen, ein bisschen vielleicht. Alle verletzlich, nirgends Verletzte am Späti, geht schon persönlich zu bei Paula, Paula nimmt es leicht. „Schade kaputt“ ist das, was nicht kaputt macht, sondern Pop.