#85 Paula Paula


 
sam­stag (!) 3.6. // Es gibt guten Pop und es gibt guten, es gibt Pop aus der Stadt und es gibt Pop aus der Prov­inz, es gibt Paula und es gibt Paula. Und es gibt Paula Paula, die keine Lust haben, zwis­chen Späti und Eltern­abend zu unter­schei­den. Weil es dazwis­chen das eine gibt und das andere, „Plan­eten“ gibt es und „Kaputtes Gerät“ und „Dig­i­tale Augen“, das sind ein paar der Titel, die sie ihren Songs geben, sie sind: Mar­lène Colle, die alles spielt, Gitarre, Piano, Eiswaf­fel. Kristi­na Koropec­ki bespielt Dinge wie Cel­lo, Mel­lotron und Pro­duk­tion. Und dann haben sie sich dazu geholt, wer rum­ste­ht an ein­er Trinkhalle, die auf sich hält: Gis­bert zu Knyphausen ste­ht am Bass, Joda Förster hin­ter den Drums, Daniel Fre­itag vor den Tas­ten.

Damit ist klar, es han­delt sich um keinen Hip­ster­pop aus Kreuzkölln, keine Pren­zlauer Pop Pro­pa­gan­da und auch nicht  — Oli! — aus Pots­dam, Paula Paula span­nen zwis­chen Schade und Kaputt ein Panora­ma auf. Die 80er, die 90er, das ganze Danach sowieso, schade drum. Klingt toll.

Soll man hin­schreiben: lebenser­fahren? Unbe­d­ingt. Mal empört naiv, wie Janis es war, dann melan­cholisch, wie Folk es kaum noch kann, dann bricht ein Möchte­gern­punk here­in, der bess­er ist als je ein Punk gemöchtet hätte und dabei den­noch so barock wie die Fig­ur des Cel­los, das alle umschwirren. Und die Syn­thies sind da, sie ste­hen hin­ter dem wie eine Wand, der Sound ein­er Mauer, die es in Berlin ein­mal gab, aber wer weiß das schon noch im Späti.

Wo alles schon mal gesagt ist und gesun­gen, nur auf dem Eltern­abend noch nicht. Geht schon doch um Inhalte, um das, was einen umtreibt, die Umgangs­for­men und das Ben­imm, die Risse in der Betrieb­skan­tine, die Ver­gan­gen­heit von diesem und Zukun­ft von jen- — auch schon kaputt?, geht um das Lächeln, das einen, ver­legen und ver­wirrt, aus einem Reise­bus anfliegt, der ins Debüt abreist. Man sieht den Wörtern bei ihrer Abreise zu und winkt ihnen hin­ter­her wie guten Bekan­nten, dann schiebt sich die Musik davor, als ob der Vorhang fällt, Paula Paula sind unge­mein erwach­sen.

Pop­kul­turell aufgek­lärt. Im Grunde ist alles gesagt und gesun­gen, die Beken­nt­nisse und Bin­sen, die Lieben und Lügen, das pein­lich Pri­vate und das poli­tisch Pein­liche, nie­mand ist mehr da, der wüsste, wo lang. Keine Paulakirchen-Reden. Alles kaputt, aber liebevoll gebaut, alles schade und so schön.

Muss man kön­nen, so etwas, 4 Jahrzehnte nach Ide­al. Sie kön­nen. „Schade kaputt“ ist das, was einen gar nicht so doll kaputt gemacht hat, aber kön­nte noch immer kaputt machen sollen, ein biss­chen vielle­icht. Alle ver­let­zlich, nir­gends Ver­let­zte am Späti, geht schon per­sön­lich zu bei Paula, Paula nimmt es leicht. „Schade kaputt“ ist das, was nicht kaputt macht, son­dern Pop.

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